Knut Kumpmann, 25.03.2015
Haushaltsrede UWG-Fraktion im Rat der Stadt Hemer, 24.03.2015
(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren.
Wie wir dem IKZ am Samstag entnommen haben, können wir in Hemer mit Entlastungen durch die Bundesregierung für finanzschwache Kommunen rechnen und in dem Bundestags-Wahljahr 2017 mit einem Investitionszuschuss von 700.000 Euro. Über diese Nachricht können wir uns freuen.
Allerdings bleiben solche Einmal-Zuschüsse Flickwerk. Denn solange die seit Jahrzehnten immer wieder geforderte Kommunalfinanzierung nicht auf ordentliche, vor allem verlässliche Beine gestellt wird, ändert sich nur wenig an der prekären Haushaltssituation in nordrhein-westfälischen Kommunen. Die finanztechnische Systematik besagt für Hemer: das höhere Gewerbesteueraufkommens im letzten Jahr von 30 Millionen Euro – sage und schreibe 12 Millionen über der Planung – hat geringere Schlüsselzuweisungen von 6,5 Millionen Euro im darauf folgenden Jahr zur Folge. Es ist für den Bürger nicht nachzuvollziehen, dass ein Haushaltsausgleich letztendlich an zu hohen Steuereinnahmen theoretisch scheitern kann.
Steigende Sozialkosten, die vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe über den Märkischen Kreis an Hemer weitergereicht werden, oder die für uns überraschende Forderung der Beamten-Pensionskasse 1,2 Millionen mehr Rückstellungen zu bilden, (Erhöhung von 0,9 auf 2,1 Millionen Euro) machen eine seriöse und vor allem vorausschauende Haushaltsplanung kaum möglich. Gerade diese von uns überhaupt nicht beeinflussbaren externen Faktoren sind es, die die Haushaltslage der Stadt Hemer immer wieder vor neue Herausforderungen stellen.
Wie sieht es mit dem Schiff Hemer aus, das in den letzten Jahren mit Volldampf voraus gefahren ist?
Wir müssen sagen, Gott sei Dank, sind die Steuereinnahmen in 2014 so hoch, dass mit dem erzielten Überschuss von fünf Millionen Euro in 2016 zumindest ein fiktiver Haushaltsausgleich möglich ist. Diese Klippe haben wir geschickt umschifft.
Allerdings lauern die nächsten Untiefen: wie lange wird die Wirtschaft noch florieren, wenn in China und Indien schon erste Wolken am Konjunkturhimmel aufziehen? Wir bewegen uns im flachen Wasser, und profitieren im Moment von der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank durch geringe Zinslasten. Das wird und kann nicht ewig so bleiben. Mit eventuellen Rückforderungen von Fördermitteln aus dem Umbau-West-Programm und mit den Unwägbarkeiten aus den Swap-Geschäften der Verwaltung und der Sauerlandpark GmbH liegen in den nächsten Jahren noch versteckte Sandbänke auf unserem Kurs.
Die Frage ist, was können wir selbst tun, um mit unserem Schiff einen drohenden Untergang in Form eines Nothaushalts zu vermeiden?
Betrachten wir zuerst die hohen Gewerbesteuereinnahmen in 2014: Sie besitzen zwei Ursachen: eine ist eine gut laufende Konjunktur der mittelständischen Unternehmen in Hemer. Besonders freut mich die erfolgreiche Fusion der Sparkassen Hemer und Menden. Wir haben etwas gewagt – und gewonnen. Wir sollten nicht vergessen, dass die zweite Ursache der hohen Einnahmen in der gemeinsam beschlossenen Steuererhöhungsrunde liegt. Die Bürger haben ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung geleistet. Die Möglichkeit weiterer Steuererhöhungen schließen wir aus.
Nach wie vor bemängelt die UWG-Fraktion, das es nicht gelungen ist, die angekündigten Einsparungen bei der Fusion der beiden Baubetriebshöfe Iserlohn und Hemer zu generieren und auch nicht ansatzweise bei der Musikschule in Hemer.
Meine Fraktion begrüßt ausdrücklich die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung bei der Musikschule, auf die die UWG seit Jahren gedrängt hat. Als hilfreich empfinden wir die Vorschläge des Kämmerers in den nächsten Jahren für die Musikschule ein neues Modell zu entwickeln. Dabei geht es nicht darum, die Musikschule kaputt zu sparen. Es geht darum, die Musikschule insgesamt wirtschaftlicher aufzustellen, so dass sie sich in großen Teilen selbst trägt. Das sollte auch in ihrem Eigeninteresse liegen, dadurch kann sie ihren Erhalt langfristig sichern.
Zu einem selbst fabrizierten Leck im Schiffsrumpf zähle ich die Tatsache, dass unterschiedliche Vermögensbewertungen beim Zentralen Immobilienmanagement und im städtischen Haushalt zu Wertberichtigungen in Millionenhöhe geführt haben. Von dem Missgeschick bei der Euroumstellung will ich gar nicht sprechen. Insgesamt muss in 2014 aus verschiedenen Gründen eine Summe von 9,2 Millionen Euro wertberichtigt werden, mit einem dementsprechenden Verzehr an Eigenkapital. Das Vertrauen in die Arbeit der Stadt ist dadurch bei mir und meinen Kollegen gesunken. Wir fragen uns: Kann das sein, dass es jetzt erst aufgefallen ist? Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Politik braucht das Vertrauen in verlässliche Zahlen und Daten. Ohne diese sind wir nicht in der Lage tragfähige Entscheidungen für unsere Stadt zu fällen.
Der Kämmerer hat das Pech, dass in seiner Amtszeit solche Probleme auftauchen und von ihm abgearbeitet werden müssen. In dem Zusammenhang möchte ich Ihnen, Hr. Forsting, unser Vertrauen ausdrücken. Die vielen, von Ihnen vorgeschlagenen konzeptionellen Veränderungen auch im Bereich Kultur und Stadtmarketing unterstützen wir gerne, weil sie uns helfen, das Schiff Hemer durch schwierige Gewässer zu lotsen.
An dieser Stelle möchte ich mich auch bei allen städtischen Mitarbeitern für ihren Einsatz für die Stadt Hemer unter den Bedingungen einer schwierigen Haushaltssituation ganz herzlich bedanken.
Ein Wort zu der Straßenbaumaßnahme Am Ballo. Wenn wir daraus eine Lehre ziehen, dann ist es, die Bürger vorzeitig schon beim Einstieg in die Planung einzubeziehen und deren Wünsche einzuarbeiten.
Weil es für dieses Jahr nicht mehr realistisch erscheint, die Maßnahme abzuschließen, stimmt die UWG dem Vorschlag zu, die Mittel in Höhe von 290 TEuro in die Sanierung renovierungsbedürftiger Brücken zu stecken. Langfristig müssen wir mehr in den Unterhalt der Straßen und der städtischen Infrastruktur investieren. Ein gesundes Straßennetz nutzt allen und ist ein nicht ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor.
Die UWG lehnt die Tribünenerweiterung im Grohe-Forum weiterhin strikt ab. In einer Haushaltssituation, in der sich unerwartet Millionenlöcher auftun und uns gleichzeitig der Kämmerer Einsparvorschläge unter anderem über mal 3000 Euro (Beitrag Kultursekretariat Gütersloh), 2000 Euro (Verzicht auf Zeitschrift Tacheles) und 6000 Euro (Einsparung Stadtbücherei) unterbreitet, wo wir also um Kleinbeträge diskutieren, trägt so eine Ausgabe zu diesem Zeitpunkt nicht dazu bei, das Schiff Hemer auf Kurs zu halten. Ich habe noch niemanden außerhalb der Politik getroffen, der diese Investition in so einer Situation für eine gelungene Idee hält.
Erfreulich ist, dass es aufgrund der sprudelnden Steuereinnahmen gelungen ist, die Kassenkredite zumindest nicht so hoch ansteigen zu lassen, wie wir es in 2013 noch befürchtet haben. Was aber kein generelleres Aufatmen bedeutet, sondern damit schrammen wir weiterhin nur an dieser gefährlichen Klippe vorbei. Wir schaffen es sogar die Schulden Hemers etwas abzubauen. Voraus gesetzt, die Steuereinnahmen sprudeln weiter.
Die Maßnahmen des Kämmerers, auf externe Ausschreibungen möglichst zu verzichten, und weitere 200.000 Euro im Personalbereich einzusparen, findet die Unterstützung der UWG-Fraktion.
Ebenso unterstützen wir die Einführung eines papierlosen Sitzungsdienstes. Dabei obliegt es den einzelnen Fraktionen und einer interfraktionelle Runde im Vorfeld über das Wie, Für wen und das Wann zu entscheiden.
Meine Damen, meine Herren. Summa summarum ist es mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf gelungen, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. In sicheren Gewässern befinden wir uns erst dann, wenn es gelingt, dass strukturelle jährliche Defizit von derzeit rund 1,8 Millionen Euro auf Dauer abzuarbeiten. Hier liegt viel Arbeit, hier liegen noch einige Klippen und Untiefen vor uns, die es gilt mit viel Engagement und kreativen Ideen zu umschiffen. Die UWG wird sich daran konstruktiv beteiligen.
Die Tribünen-Maßnahme, die nicht realisierten Sparmaßnahmen und der Vertrauensverlust in das Zahlenwerk hat die UWG-Fraktion unter Abwägung aller Pro- und Contra-Gesichtspunkte bewogen, dem Stellenplan und dem Haushaltssicherungskonzept zuzustimmen, den vorgelegten Haushaltsentwurf aber abzulehnen.
Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Michael Heilmann
Vorsitzender der UWG-Fraktion im Rat der Stadt Hemer